Samstag, 6. November 2010

JUGEND-WM 2010 Griechenland

Salzburger Teilnehmer - ein Versprechen für die Zukunft




Vom 19. - 30. Oktober fanden in Porto Carras (GRE) die diesjährigen Jugend-Weltmeisterschaften der FIDE statt. Die Rahmenbedingungen (5-Sterne-Hotel direkt am Meer auf Sithonia) waren wohl Grund dafür, dass 1400 Spielerinnen und Spieler (Rekord) aus 91 Nationen den Weg nach Chalkidiki fanden - darunter auch 3 blutjunge Spielerinnen vom Schachclub Neumarkt, die sich mit tollen Leistungen bei den diesjährigen Landes- und Österr. Meisterschaften hiefür qualifiziert hatten, Flora Haidenberger, Magdalena Mörwald (beide Mädchen U8) sowie Stefanie Maderegger (Mädchen U10). Mit dabei natürlich auch ihr Trainer Martin Egger, der in dieser Funktion auch erstmals bei einer Weltmeisterschaft teilnahm.

Kämpften in Griechenland bei der Jugendschach-WM für Österreich (v.l.): Flora Haidenberger,   Stefanie Maderegger, Magdalena Mörwald und Coach Martin Egger


Und die WM begann für die Salzburger auch mit einem Paukenschlag, konnte Flora Haidenberger ihr Auftaktspiel gegen Aiste Samythe (LTU) gleich gewinnen. In der 2. Runde sollte es Flora mit der Kasachin, Serikbay Assel, zu tun bekommen. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten, war, dass es sich dabei um die spätere BRONZE-Medaillengewinnerin handeln würde. Flora hielt in der Partie toll mit, stand über 2/3 sogar leicht besser und hatte mehrmals einen Matchball. Entschieden wurde die Partie dann im Endspiel - leider zugunsten der jungen Kasachin. Warum es ganz knapp nicht klappte: 1. spielte Flora hier viel zu schnell, im Durchschnitt 1 Minute pro Zug. Sie rechtfertigte das damit, dass auch ihre Gegnerin so schnell zog. Wir hatten uns den ganzen Sommer darauf  vorbereitet, langsam zu spielen, doch leider funktioniert das bei einem 8jährigen Mädchen dann nicht auf Knopfdruck. 2. war Flora in der letzten Partiephase zu passiv, kam unter Druck und stellte daraufhin mit einem taktischen Fehler eine Figur ein. Trotzdem zeigt diese Partie, wie weit Flora in ihrer Entwicklung ist. Hätte sie weiter auf diesem Niveau gespielt, wäre sicher ein Rang unter den Top-10 möglich gewesen. Doch leider war Flora in manchen Partien "out of game", also einfach nicht in der Partie, was andere Gründe hatte, die ich als Coach bei zukünftigen Großereignissen sicher abstellen werde. Flora erzielte letztendlich 5,0 Punkte und holte Rang 51 (unter 81 Teilnehmern), was sicherlich ein gutes Resultat ist, in Anbetracht des tollen Beginns aber doch nicht das wahre Leistungsvermögen von Flora widerspiegelt.

Völlig anders zu interpretieren ist das Abschneiden von Magdalena Mörwald. Das gerade einmal 7 Jahre alte Mädchen spielte alle 11 Runden hindurch konstant gut, lag zeitweise in der Tabelle sogar vor Flora. Was bei ihr auffällt, ist die enorme Entwicklung. Vor genau einem Jahr, im Oktober 2009 wusste sie noch nicht einmal, wie die Figuren ziehen, holte Ende Dezember bei den Salzburger Landesmeisterschaften dann bereits hinter Haidenberger die SILBER-Medaille und bei den Staatsmeisterschaften Anfang Juni überraschend bereits Rang 5, womit sie sich für die WM qualifizierte. Bei den EU-Meisterschaften im August in Mureck nahm sie geistig noch keine Variante auf. Nur 2 Monate später bei der WM spielte sie gegen die Russin Arisha Shtypel Hauptvariante (!!!) bis zum 10. Zug ... und man glaubt es kaum, die Russin machte dann den 1. Fehler. Am nächsten Morgen klopfte mir am Weg zum Frühstück plötzlich jemand auf die Schulter und streckte mir die Hand entgegen - der Trainer von Arisha. Ein größeres Lob hätten Magdalena und ich wohl nicht bekommen können. Wie gesagt, Magdalena spielte auf einem konstant hohen Niveau und es wären letztendlich wohl mehr als die 4,0 Punkte und Rang 68 drinnen gewesen, hätte sie nur ordentlich gegessen und getrunken. Doch leider schafften es weder die Eltern noch ich, die junge Obertrumerin dazu zu bringen. So gab sie in der 9. Runde nach 2,5 Stunden Spielzeit in der oben erwähnten Partie gegen Arisha Shtypel - mit einer Mehrfigur und klar gewonnener Stellung - nur ein Remis. In Runde 10 schlug Magdalena nach 3 Stunden Spielzeit im Endspiel in einer klaren Remisstellung gegen Shadan Babazadeh (IRI) mit einem Turm einen von einem Bauern gedeckten Bauern !??? Und auch in der letzten Runde gab sie gegen Angeliki Isari (GRE) mit 2 Mehrfiguren nach 3 Stunden Spielzeit Remis. Hier gilt es für Martin Egger in den nächsten Monaten anzusetzen, dann könnte es im nächsten Jahr bei einem U8-Großereignis (vielleicht bei den Europameisterschaften in Bulgarien) durchaus eine Sensation bei den Mädchen-U8 geben. Als Trainer würde ich sagen, dass Magdalena im Moment weiter ist, als Flora es in diesem Alter war, ich würde sogar sagen, dass Magdalena spielerisch bereits jetzt mit Flora fast auf einem Niveau ist!

Die 3. im Bunde, Stefanie Maderegger, gerade einmal 9 geworden, musste in der U10 ran und sich gegen fast 11jährige Mädchen mit zum Teil bereits 1900 Elo behaupten. Steffi wusste, dass das sehr schwierig werden würde und wollte besonders sauber spielen und so zu Punkten kommen. Leider war Steffi dann zu passiv, konnte auf der einen Seite ihre taktischen Chancen nicht nutzen (1. Partie gegen die französische Meisterin Mathilde Broly), und stellte zum anderen - wie alle Spieler in diesem Alter - eben irgendwann einmal einen Bauern oder eine Figur ein. 0 aus 4 machten ihre Situation dann nicht gerade leichter. In unzähligen Gesprächen versuchte ich ihr klarzumachen, dass sie nun nichts mehr zu verlieren hat, einfach angreifen soll, da wie gesagt dann auch die Gegnerinnen Fehler machen.Das ist für einen Trainer aber viel leichter gesagt, als vom Sportler 'kognitiv dicht gemacht hat', wahrzunehmen und umzusetzen. Irgendwie dürfte ich es aber doch geschafft haben, holte Steffi aus den letzten 7 Runden doch 3,5 Punkte, was ihr letztendlich WELTWEIT Rang 98 unter 107 Spielerinnen einbrachte. Zwar oft den Tränen nahe, steckte Steffi nie auf, kämpfte wie eine Löwin weiter. Seit ihrer Rückkehr trainiert sie - ohne dass man sie dazu aufgefordert hätte - noch intensiver. Damit zeigt die junge Dame "Steherqualitäten", wie kaum ein anderes von mir betreutes Kind. Der Trainingsgruppe um Flora, Magdalena und Steffi gehören zudem auch noch Lena Kraft (Rang 9 bei den lezten ÖM) und Melanie Maderegger (Rang 10 bei den letzten ÖM) an. Diese Truppe wird Neumarkt und dem SLV Salzburg in Zukunft wohl noch viel Freude bereiten.  

Zum Abschluss gab es in Griechenland für unsere Girls, vor allem für Flora Haidenberger und Steffi Maderegger, dann doch noch was zum Feiern, holte ihre Freundin, Eszter Morvay (SVK), doch den Vize-Weltmeister-Titel in der U8 !!! Mit dem in New-York lebenden Mädchen freuten sich Steffi und Flora wohl mehr als die Mannschaftskolleginnen von Eszter aus der Slovakei, mit denen sie kaum Kontakt hatte.

Auch Magdalena Mörwald hat eine ganz dicke Freundschaft geknüpft, mit ihrer Gegnerin aus der 4. Runde, Refiloe Hazel Modudu aus Zimbabwe!

Magdalena Mörwald kurz vor der Partie mit ihrer Freundin Refiloe Hazel Modudu (ZIM)


Zwar konnten sich die beiden Mädchen mit keinem einzigen Wort verständigen, klebten aber in der Freizeit meist zusammen. In diesem Sinn ist die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft doch etwas ganz Einzigartiges und trägt wohl mehr zur Friedenserhaltung und Völkerverständigung bei, als so manch andere Sachen um viel Geld.

In diesem Sinn werden die 12 Tage in Griechenland nicht nur für die 3 Mädchen und mich als Trainer und Coach, sondern auch für die mitreisenden 7 Fans vom Schachclub Neumarkt sicher ein unvergessliches Erlebnis bleiben.

                                                                                                                   Martin Egger

1 Kommentar:

  1. Hallo Martin,

    ich möchte Deinen Mädels und Dir als Trainer auf diesem Weg meine Glückwünsche übermitteln.

    Ihr habt ganz ganz toll gespielt.

    Liebe Grüße aus Oberndorf
    Wolfgang

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